Süddeutsche Zeitungzurück
 
Wie Kafka, wie Camus
 
Schmidteinander (ARD/WDR)
 
VON HANS-HEINRICH OBUCH
 
Montag, 19. Dezember 1994 MEDIEN Süddeutsche Zeitung Nr. 291 / Seite 11

 
Zwei einsame Herren in großer Abendgarderobe: Der eine spielt versonnen Weihnachtslieder auf der Blockflöte, die er seltsamerweise aus der Nase beatmet. Der andere starrt mit einer Mischung aus Melancholie und geistiger Abwesenheit aus der Kulisse, und Joe Cocker singt, als ob nichts sei . . . Harald Schmidt und Herbert Feuerstein haben sich ihres Publikums entledigt. Thomas Gottschalk war gerade da und durfte es mitnehmen. Zu seiner Show. Einfach so. Das skurrile Duo hatte so einem eher schleppenden Finale doch noch eine surrealistische Pointe verschafft. Keine Claqueure mehr weit und breit, keine Stimmung, kein Lachen - nur noch zwei Männer und ihr Studio. Endzeitstimmung. Kafka grüßt die Fernsehunterhaltung. Und Camus schreibt die Dialoge. Ansonsten großer Starauftrieb, aber ohne Durchschlagskraft: Rudolf Scharping so, wie wir ihn schon öfter empfunden haben - konturenlos; Sabine Christiansen - aufgesetzt spontan; Jürgen von der Lippe - ohne Wirkung; Biolek - na ja . . . Aber die Schlußeinstellung! Schmidt geht einfach weg, und Feuerstein malträtiert seine Blockflöte. So könnte der Untergang des Abendlandes aussehen . . .
SZ - Medien 24.10.1994 - Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München