Schlafen
will er dabei auch noch
Sonntag:
Herbert Feuerstein gibts zwölf
Stunden live
INTERVIEW:
MARTIN ZIPS
Samstag,
6. September 1997 MEDIEN Süddeutsche
Zeitung Nr. 205 / Seite 27
Herbert
Feuerstein hat schon viele kuriose Dinge
gemacht: Er hat Musik am Mozarteum
studiert, fast zehn Jahre lang als
Journalist in New York gearbeitet, er war
Chef vom MAD und litt unter Schmidt. Nun
macht er etwas, was so im deutschen
Fernsehen bisher noch nicht zu sehen war:
Er läßt sich zwölf Stunden
lang in einer Kölner Wohnung filmen.
Der WDR überträgt live
Feuersteins Nacht Von acht bis
acht.
SZ: Leiden Sie eigentlich unter
Schlafstörungen, daß Sie so
etwas mitmachen?
Feuerstein: Die Idee stammt doch
von mir. Außerdem: Wenn ich mein
Nachmittagsschläfchen hinter mich
gebracht habe, dann bin ich mindestens bis
zwei Uhr nachts fit. Auch mit 60.
In dieser Sendung müssen Sie bis
acht Uhr morgens aufbleiben.
Ich schlafe während der Sendung zwei
Stunden.
Sie wollen uns auf den Arm nehmen.
Doch, mit Sicherheit. Das schaffe ich.
Trotz des hohen Adrenalin-Spiegels. Da bin
ich ganz eins mit der Natur. Außerdem
spreche ich vorher noch mit Uta
Ranke-Heinemann. Und wenn vor dem Schlaf
die Transzendenz kommt, dann schläft
man auch besser.
Soll der Zuschauer auch schlafen?
Er kann. Er kann mir aber auch beim
Schlafen zugucken. Schließlich haben
wir Überwachungskameras. Die bewegen
sich natürlich nicht, denn die beiden
Kameraleute schlafen ja auch.
Und wenn Sie aufwachen?
Dann rede ich mit Norbert Blüm. Wäre
Uta Ranke-Heinemann zum Aufwachen nicht
viel besser? Ich brauche vor dem
Einschlafen etwas Aufpeitschendes. Das
leitet am Besten in meine wilden Träume
über. Überhaupt halte ich mein
Schlafen für das Spannendste an der
Sendung.
Was wird sonst noch passieren?
Wenn ich Ihnen das jetzt sage, dann sind
zwölf Stunden um. Wir begleiten zum
Beispiel einen Urlauberflug von der
Dominikanischen Republik nach Düsseldorf,
sprechen mit dem Piloten und den Leuten.
Außerdem treffe ich mich in einer
Telephonzelle vor dem Haus mit Menschen.
Die können Sachen vorführen.
Eigentlich kann jeder was sagen, der was
sagen will. Ich hab auch Astronomen,
Botaniker, Tierpsychologen dabei, die ich
interviewen werde. Norbert Blüm,
Verona Feldbusch und Miss Castrop-Rauxel
haben ja schon zugesagt. Eine gewagte
Mischung. Das spiegelt den Bundestag
wider. Zwischen Verona Feldbusch und
Norbert Blüm liegt Deutschland.
So eine Sendung braucht rund um die
Uhr auch viele Techniker. Gibt es da keine
Probleme mit der Gewerkschaft?
Wir haben zwei Schichten mit jeweils 80
Leuten. Um Mitternacht feiern die
Kameraleute den Wechsel mit einer
offiziellen Kameraübergabe, mit einem
Fackelzug und ein paar Pferden. Übrigens
können Kinder bis 7.30 Uhr am
Montagmorgen anrufen, wenn sie Probleme
mit ihren Hausaufgaben haben. Dann helfen
wir. Und per Fax kann man sich bei uns
einen Entschuldigungsvordruck für den
nächsten Arbeitstag besorgen.
Sie gefährden den Standort
Deutschland.
Nein, ich schaffe neue Arbeitsplätze.
Was glauben sie, wieviel Leute am nächsten
Tag gefeuert werden, wenn sie mit unserer
Entschuldigung ankommen.
Sie haben sich die Wohnung nur für
diesen Tag angemietet?
Ja, aber sie sieht meiner sehr ähnlich.
Das soll eine ganz private Sache werden.
Ein Stück komprimiertes Leben, kein
Rekordversuch.
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