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CD der Woche:
Darauf ein Laxativ

19. Januar 2006

VON TINA MANSKE

"Den 31:ten July 1787. Das Nannerl hat mir die Don Juan-Oper hingeschmiert, da les ich in der zeitung, dass mir der Salieri, das Vieh, mit einem Werke gleichen titels ist zuvorgekommen. Kann ich also meine Opera wegschmeyssen und Lastwagenfahrer werden. Ich bring ihn um, den Salieri! Am Nachmittage Beethoven um Gift angegangen, der aber stellete sich taub. Wuth und Verzweiflung."

Da man ja in diesem "Mozart-Jahr" voraussichtlich mit so manchem widerlichen Geschmeiß an medialen Publikationen zum Thema zugesch --- üttet wird werden, ist es um so nötiger, dass man diese CD im Regal stehen hat. Denn Mozarts Leben, das beweisen diese Aufzeichnungen, war keineswegs bestimmt von manischem Komponieren und der täglichen Absolvierung eines erfolgreichen Konzerts, sondern vielmehr von schrecklichem ennui, von regelmäßigen Klistieren, von der Untreue der Ehefrau, die regelmäßig Kinder von anderen (Salieri, Beethoven, Haydn) bekommt, vom Fressen von Würsten sowie von der peniblen Notierung des Wiener Wetters (Schnee, kalt, Schönwetter, Schneien, "abends dunkel"). Darüber hinaus verzeichnet er merkwürdige Ingredienzen seines Stuhls: Schrauben, Muttern, Büroklammern. Nun, er lernt damit zu leben. Seine Tage füllt er mit Einkaufen und Abwasch, während sein Hauptfeind Salieri Karriere macht.

"Irgendwas war, hab aber vergessen was."

Weitere Enthüllungen: Die Stücke, die wir gelernt haben Mozart zuzurechnen, hat eigentlich seine Schwester Marianne "hingeschmiert", meist am Esstisch, zwischen Haupt- und Nachspeise. Als die Schwester einige Zeit in Amerika verbringt, fragt er sogar Salieri um Hilfe. Aber es hilft nichts: wer so ein Talent zum Scheißen hat wie Mozart, mag vielleicht auch Geld scheißen können? Er beschließt "ein alchemistisches Kunststück" zu versuchen. Erst jetzt also wird bekannt, an was Mozart tatsächlich so früh verstarb: er hat sich letztlich totgeschissen.

Wer könnte die wahre Geschichte des "Jahrhundertgenies" besser notieren, als der gar nicht hoch genug zu lobende, für seinen absurden Humor bekannte Eugen Egner? Natürlich niemand. Mit Herbert Feuerstein, der selbst am Salzburger Mozarteum studierte, hat Egner einen kongenialen Vertoner seines Textes gefunden. Feuerstein liest die Eintragungen mit einem herrlich blasierten Ton und weist das "Wolferl" mit seinem gackernden Lachen und den ständigen Klagen über die Schlechtheit der Existenz als wahren Idioten aus ("eine kleine Nacktmusik, hehe"). Dazu spielt Feuerstein Ausschnitte aus Mozartwerken auf dem Cembalo - natürlich mit gekonntem Dilettantismus. Insgesamt sind diese "Tagebücher" also genau das richtige Antidot gegen den grassierenden Geniewahn.

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