"Sehe
mich als Schichtarbeiter"
12. Februar 2007
Beim heiteren
Begrifferaten "Pssst!"sitzt der Komiker Herbert Feuerstein ab
Mittwoch (18.50 Uhr, ARD) wie vor 17 Jahren im Rateteam von Harald
Schmidt. Warum das heute trotz anhaltender Antipathien
entspannender ist als früher, erzählt er Doris Priesching.
***
STANDARD: Ein Interview mit dem Komiker Herbert Feuerstein muss
zwangsläufig total lustig sein. Wie legen wirs an?
Feuerstein: Das glauben die Leute immer. Ich bin aber im Grunde
ein todernster Mensch. Schon in der Schule ging ich zur Tafel, die
anderen lachten, und ich weiß bis heute nicht, warum. Ich litt
darunter, bis ich merkte, dass man dafür Rechnungen ausstellen
kann.
STANDARD: Wie wär's provokant? Sie und Harald Schmidt
sollen sich gar nicht besonders mögen, heißt es. Warum sitzen
Sie in ein und der selben Show?
Feuerstein: Es gibt große Mysterien in der Menschheit. Ich
bin stolz darauf, dass meine Beziehung zu Schmidt offensichtlich auch
dazu gehört, und werde den Teufel tun, das aufzulösen. Das ist
die Wucht unserer Beziehung.
STANDARD: Die Shows sind bereits aufgezeichnet. War es wie früher?
Feuerstein: Es war erstaunlich entspannter. Vor 17 Jahren waren
wir ein bisschen übereifrig und hysterisch. Inzwischen ist die
Abneigung irgendwie höflicher geworden. Ich spreche nicht nur von
Schmidt und mir, sondern vom gesamten Rateteam: Die Spannung zwischen
dem Rateteam und dem Moderator muss sein. Wir wollen ihm schließlich
ein Geheimnis entlocken und mit ihm kämpfen.
STANDARD: Sie kämpfen mit Harald Schmidt?
Feuerstein: Wir sind keine Schauspieler, wir bekommen kein
Drehbuch und keine Gags vorgesetzt. Wir wissen auch, dass das Ganze
ungeschnitten gesendet wird. Das erzeugt eine Spannung, die sehr
explosiv sein kann. Ich rege mich immer fürchterlich auf.
STANDARD: Aber unter Männern geht man doch danach auf ein
Bier, heißt es immer?
Feuerstein: Möglich, ich bin aber eher kein
Hinterher-auf-ein-Bier-Gänger, ich sehe mich als Schichtarbeiter.
Und wenn man hinterher immer seine Triumphe feiert, ist man wirklich
peinlich selbstgefällig und wird wahrscheinlich Alkoholiker.
STANDARD: Er hat Sie persönlich eingeladen?
Feuerstein: Er hat mich angefaxt. Ich werde dieses Fax demnächst
bei Ebay versteigern.
STANDARD: Wie schaffen Sie es, auf Knopfdruck lustig zu sein?
Feuerstein: Es ist großer Druck im Spiel. Ich bin ja als
genial bekannt, und das ist einer der schwierigsten Rufe, die man
verteidigen muss ... Bei Schmidt kommt dazu, dass schon sehr viel
Boshaftigkeit in seiner Fragetechnik steckt.
STANDARD: Und der Druck, eine gute Performance zu liefern?
Feuerstein: ... ist riesig. Ich habe das bei Manuel Andrack und
Ingolf Lück bemerkt da schwellen die Stirnadern an. Diese
dreißig Sekunden, die wir Zeit haben, sind wie bei Michael
Schumacher in der Endkurve.
STANDARD: Begrifferaten erfreut sich wieder großer
Beliebtheit. Wie kommt's?
Feuerstein: Der Markt hat sich geteilt. Der große
Comedymarkt muss mit einfachsten Formen die breiteste Wirkung erzielen.
Zum Glück haben auch die ursprünglicheren, ehrlicheren Formen
Platz.
STANDARD: Und Pannenshows. Wer lacht denn, wenn ein Baby von der
Schaukel fällt?
Feuerstein: Na ja, eigentlich jeder. Als Humorforscher sage ich,
dass die Schadenfreude 50 Prozent des Humors ausmacht. Ich lache auch
es wäre gelogen, würde ich das Gegenteil behaupten.
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