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„Pssst…“ ist zurück

„Ein beinahe zärtlicher Hass“

15. Februar 2007


Die Kultsendung „Pssst…“ ist zurück – und zwar mit Herbert Feuerstein! "Alles kommt wieder", sagt der. Ein Gespräch über Remakes, Harald Schmidt und Partys.

Herr Feuerstein, Sie machen wieder bei „Pssst...“ mit. Wie kamen Sie auf diese wunderbare Idee?

Weil man mich gefragt hat. Manchmal freut man sich, manchmal seufzt man, und dann überlegt man, was es bringt: Schaden oder Kohle. Anschließend sagt man Ja oder Nein. „Nein“ am besten über seine Agentur, „Ja“ mit ein bisschen Verzögerung, damit es nicht so aussieht, als hätte man’s nötig.

Sind Sie begeistert?

Inzwischen schon. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass die neue Staffel witziger werden würde als die vor 17 Jahren. Und noch viel weniger hatte ich damit gerechnet, wieder dabei zu sein. Aber als dann Harald Schmidt ein handschriftliches Fax – werde ich demnächst bei Ebay versteigern – geschickt hat, da habe ich geantwortet: Ach so, na klar, gern.

Ist es nicht auch furchtbar langweilig, bei einem Remake mitzumachen?

Das Fernsehen ist ein einziges Remake. Das war auch 1990 schon so, da war „Pssst...“ bereits gute zehn Jahre in Amerika gelaufen. Das war damals übrigens meine erste Begegnung mit Schmidt. Ich kannte ihn nicht, er kannte mich erst recht nicht, und er hat mich beim ersten Teamgespräch total ignoriert. So ist es bis heute geblieben, und das ist eigentlich recht entspannend, wenn man sich auf Traditionen verlassen kann.

Mit Remakes haben Sie es ja. Bei „Was bin ich?“ bei Kabel 1 waren Sie auch dabei.

Kein Mensch hatte geglaubt, dass das jemand wieder sehen will. Und dann hat es für drei Jahre gereicht. Die Dritten Programme der ARD haben sich hinterher in den Arsch gebissen, dass sie es nicht selbst gemacht haben, denn die hatten ja ursprünglich die Rechte. „Was bin ich?“ hatte im Schnitt zwei Millionen Zuschauer. Wir sind abgesetzt worden, weil die Zuschauer zu alt waren. Jedenfalls den jungen Dynamikern von Kabel 1.

Haben Sie etwas daraus gelernt?

Dass alles wiederkommt. Aber das wusste ich schon als Blattmacher von „MAD“: Man muss nur ein bisschen abwarten und dann ein paar Veränderungen vornehmen, und schon erfreut sich die nächste Generation an den alten Klamotten. Wie bei der Mode.

Warum ausgerechnet diese alte Klamotte?

Weil „Pssst…“ Fernsehen vom Feinsten ist: Es gibt niemanden, der einem die Gags vorschreibt. Niemand sagt einem, was komisch ist und was nicht, und niemand schnitzelt hinterher an den Pointen rum. Sogar das Publikum darf applaudieren wie es ihm gefällt, ohne dass es im Warm-up das Ausrasten üben muss. Und im Rateteam wird hart und ehrlich gekämpft. Jeder will erfolgreich sein. „Pssst...“ ist ein Stück Leben. Und so soll es auch sein.

Sie gehen einfach so ins Studio und haben Spaß?

An Ihrer Frage lässt sich bestens ablesen, dass so etwas für Sie komplett unvorstellbar ist. Sie gehen offenbar davon aus, dass alles im Fernsehen manipuliert ist. Aber natürlich. Es gibt eben noch ein paar Inseln der Seligen. Wir sind vollkommen unvorbereitet, wissen nichts und sind entsprechend ehrgeizig. Angeblich hat Ingolf Lück damals bei der ersten Staffel die Überraschungsgäste selber vom Bahnhof abgeholt, um einen Wissensvorsprung zu haben. Aber das ist natürlich nur ein Gerücht, das ich nie verbreiten würde ...

Herr Feuerstein, in drei Sätzen eine Gebrauchsanweisung für „Pssst...“ – kriegen Sie das hin?

Vier Sätze. Es kommen drei wildfremde Menschen und ein Promi, und alle haben etwas, von dem das Rateteam nichts weiß. Harald Schmidt gibt einen Hinweis, mit dem man fast nie was anfangen kann. Dann hat jeder im Team dreißig Sekunden Zeit, Fragen zu stellen, die der Geheimnisträger mit Ja oder Nein beantworten muss. Zuletzt gibt es eine Kurzrunde von dreißig Sekunden, in der alle durcheinanderschreien dürfen, und dann ist das Geheimnis erraten – oder auch nicht. Nicht immer geht es unbedingt fair zu. Mir wird zum Beispiel oft schon nach fünf Sekunden das Mikrofon abgedreht, weil die Regiekerle Angst haben, ich wüsste nach meiner nächsten Frage die Lösung. Was ja auch stimmt.

Nach 17 Jahren sind Sie da, wo Sie aufgehört haben. Hat sich etwas verändert?

Ich war schon damals ein alter Sack. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Eher bin ich in der Zeit stehen geblieben, während die anderen alle älter wurden.

Warum macht die ARD „Pssst...“? Haben Sie eine Ahnung?

Ich habe nicht mal das Interesse an einer Ahnung. Ich bin seit über dreißig Jahren freiberuflich tätig. Mich hat immer nur interessiert, was mich neugierig macht. Und dazu gehört das Remake von „Pssst...“ ganz bestimmt. Ich wiederhole, dass die neue Staffel lustiger ist als die vor 17 Jahren. Wir waren damals einfach ein bisschen zu verbiestert, zu schrill, zu ehrgeizig, zu laut. Heute sind wir alle gelassener. Und Harald Schmidt ist viel boshafter. Es herrscht ein trockener, ruhiger, beinahe zärtlicher Hass. Perfekt.

Wie wichtig ist Ihnen das Fernsehen?

Hätten Sie sich auch nur ein bisschen vorbereitet, dann wüssten Sie, dass das Fernsehen in meiner Biografie immer eine Nebenrolle gespielt hat. Erschwerend kommt hinzu, dass ich nicht teamfähig bin. Ich mache alles lieber alleine und traue anderen Leuten nicht mal zu, Briefe richtig einzuwerfen. Damit kommen Sie im Fernsehen nicht allzu weit. Das ist ein Rudelclub. Aber ich freue mich, wenn man mich hin und wieder trotzdem mitmachen lässt.

Gibt es eine Sendung, zu der Sie gerne mal eingeladen worden wären, aber nie eingeladen wurden?

Nein, ich glaube, ich habe sie alle durch. Außer „Wetten, dass..?“. Aber da geht man ja auch nur hin, wenn man etwas verbrochen hat. Ich bin eher demütig, bescheiden und ungesellig. Ich gehe nie auf Partys, wenn ich nicht muss. Ich scheue die Öffentlichkeit.

Deshalb gehen Sie ja auch ins Fernsehen.

Die Kamera ist auch ein persönlicher Schutz. Ich könnte Ihnen das jetzt erklären, aber Sie würden es nicht verstehen.

Möchten Sie nicht der Wahrheit so nahekommen, wie wir das wollen?

Überhaupt nicht. Und glauben Sie bloß nicht, dass Sie als Journalist das möchten. Aber tun Sie mir die Freude – haben Sie mich trotzdem weiter lieb.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber für den Tagesspiegel

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