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Katharina Witt gibt ihr Bühnendebüt

16.10.2009

VON WOLF DEWITZ, dpa


Jedermann-Festspiele

Eine Eisfläche für Katarina Witt im Berliner Dom, das wäre was gewesen. So jedenfalls dachte der Schauspieler Winfried Glatzeder, der am Donnerstagabend bei der Premiere der "Jedermann"- Festspiele im Publikum saß.

„Dann hätte Katarina Witt vielleicht einen doppelten Rittberger gemacht“, sagte Glatzeder nach der Vorstellung augenzwinkernd. Zuvor hatte die einstige „Eisprinzessin“ ihr Debüt als Theaterschauspielerin gegeben. Als Buhlschaft, der Geliebten der Hauptfigur Jedermann, hatte sie die Männer umgarnt, umtanzt und war schließlich auf einem festlichen Bankett-Tisch vor Freude herumgesprungen.

Sexy – aber nicht „säcksy“

Regisseurin Brigitte Grothum inszeniert seit 1987 alljährlich den „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal in Berlin. Dabei setzt sie häufig auf Prominente, die zuvor nicht als klassische Bühnenschauspieler in Erscheinung getreten sind. Barbara Becker, Jenny Elvers-Elbertzhagen und Mariella Ahrens spielten in den vergangenen Jahren die Buhlschaft. Diesmal durfte Witt ihr Glück versuchen – und meisterte den Part bei knappen Textpassagen mit stetem Lächeln und hüftschwingenden Tänzeleien solide.

„In ihrer Rolle musst du gut aussehen, dich gut bewegen und gut schauspielern, das kann sie“, urteilte Glatzeder („Die Legende von Paul und Paula“), der im vergangenen Jahr den Jedermann gespielt hatte. Witt fiel mit einem knallroten Kleid mit tiefem Ausschnitt auf. Sie sollte sexy, aber nicht „säcksy“ sein – so waren in Boulevardmedien Grothums Regieanweisungen für Witt in Anspielung auf deren sächsischen Dialekt beschrieben worden. Das Lokalkolorit war tatsächlich kaum zu hören – allerdings wirkten ihre Sätze wohl auch aus Bemühen um sprachliche Kontrolle etwas gehemmt.

Humorvolle Aspekte werden klein gehalten

Was Regisseurin Grothum auch nach 22 Jahren zur alljährlichen Neuinszenierung treibt, kann man sich fragen. Hofmannsthals Stück ist eine moralisierende Geschichte von einem reichen, kaltherzigen Mann, der erst im Angesicht des Todes den Glauben zu Gott wiederfindet. Anstatt den weihrauchvernebelten Kirchen-Klassiker etwas zu lüften, packt ihn Grothum übervorsichtig und ohne originelle Regieeinfälle an. Der Teufel (Herbert Feuerstein) erscheint im roten Kostüm, der Tod (Günter Junghans) im schwarzen, und sich selbst inszeniert Grothum in einer Nebenrolle als personifizierten Glauben im strahlend weißen Gewand und gleißenden Scheinwerferlicht. Es dröhnt die Orgel und es fiedelt ein Violinist.

Humorvolle Aspekte werden kleingehalten und kommen folglich beim Publikum kaum an. Als das Stück zu Ende ist, wird zunächst nur zögernd geklatscht - als müssten viele Zuschauer erstmal aus ihrem klerikalen Dämmerzustand erwachen. Als Katarina Witt sich schließlich verneigt, wird der Beifall lauter. Hauptdarsteller Rüdiger Joswig („Küstenwache“) bekommt vereinzelte Bravo-Rufe. Die „Jedermann“- Festspiele sind noch bis zum 25. Oktober zu sehen.




© dpa - 16.10.2009 - Alle Rechte vorbehalten -