zurück"Die Nachrichten"
 
ZDFFernsehfilm im Auftrag des ZDF, Deutschland 2004, 90 Min.
 
Ausgezeichnet mit dem 42. "Adolph Grimme Preis" (2006)
Jan Josef LiefersBegründung der Jury: Das gibt es selten. Ein Film der - mindestens - so gut gelingt wie der Roman, auf dem er basiert. Roman und Drehbuch stammen von dem im Ostdeutschland aufgewachsenen Journalisten Alexander Osang. Regisseur Matti Geschonneck, ebenfalls mit Ost-Biographie, machte aus Buchstaben Bilder.

Jan Josef Liefers lieh der Hauptfigur, dem Nachrichtensprecher Jan Landers, sein Gesicht. Einem konturlosen Menschen, der doch eigentlich immer nur alles richtig machen will. Und deshalb von Grund auf verkehrt ist. Ein Mann ohne Eigenschaften. Als sich der aus der DDR stammende Moderator in den 90er Jahren mit dem Vorwurf konfrontiert sieht, für die Stasi gearbeitet zu haben, knickt nicht nur seine Karriere. Landers versteht die Welt nicht mehr. Kann er sich doch an nichts erinnern! Die fehlende, die verfälschte Erinnerung. Es ist ein großes deutsches Thema des 20. Jahrhunderts, das Osang mit den "Nachrichten" behandelt.

Eine taffe "Spiegel"-Reporterin (Dagmar Manzel) und ein verkrachter Lokaljournalist (Uwe Kockisch) wollen Landers auffliegen zu lassen. Eine Mediengeschichte also. Hier meistert der Film eine gefährliche Klippe. Denn Journalistenfiguren in Fernsehfilmen geraten fast immer hochnotpeinlich. Ausnahmen, wie etwa die Satire "Schtonk!", bestätigen diese Regel. Zugegeben, manchmal droht die Schilderung des Medienmilieus auch in den "Nachrichten" in Klischees zu verfallen, etwa wenn die "Spiegel"-Konferenz inszeniert wird wie die "Focus"-Reklame im Fernsehen. Doch durch den besonderen Witz des Films, durch Karikatur und Parodie wird auch der Zuschauer, der die Medien- und Fernsehwelt von innen kennt, damit versöhnt. Eine Fernsehgeschichte im Fernsehen zu erzählen ist ein Wagnis. Gut, dass es hier eingegangen wurde.

Film ist - und das ist ein Gemeinplatz, den man gar nicht oft genug wiederholen kann - Teamwork. Und an diesem Fernsehfilm beeindruckten die Jury neben Buch und Regie, die hier ausgezeichnet werden, vor allem das gelungene Zusammenwirken aller Teile und Gewerke. Und zwar wirklich aller, nicht nur derer, die wie Kamera und die schauspielerischen Leistungen (wobei vor allem Henry Hübchen als Ex-Stasi-Offizier hervorzuheben wäre) schon auf den ersten Blick nicht zu übersehen sind. Vom Casting der Nebenrollen bis hin zu Ausstattung und Maske und der Auswahl der Locations - hier stimmt das Ganze dieser ausgezeichneten Produktion.

Grimme-Preis
"Fernsehfilm des Jahres 2005"(aus 3Sat Online):
Mit großer Einstimmigkeit traf auch die Jury in Baden-Baden ihre Entscheidung. Der Fernsehfilmpreis der "Deutschen Akademie der Darstellenden Künste" geht an den Regisseur Matti Geschonneck und an den Buchautor Alexander Osang für den Film „Die Nachrichten“ (ZDF), Produktion Network Movie. „Ein Film, nahezu perfekt, der sich den gebrochenen Biographien der jüngeren deutsch-deutschen Vergangenheit widmet, getragen von einem ausgewöhnlich starken Schauspieler-Ensemble“, so die Jury. Matti Geschonneck und Alexander Osang verweigerten einem heldensüchtigen Publikum die Vorbilder und Gefühle, eine Haltung, die die Jury überzeugte.

Darsteller: Jan Josef Liefers, Nina Kunzendorf, Uwe Kockisch, Dagmar Manzel, Henry Hübchen, Udo Samel, Herbert Feuerstein, Anna Schudt, Christine Schorn, Hermann Beyer, Thomas Thieme, u.a.
 
Die Nachrichten
Die SPIEGEL-Redakteurin (Dagmar Manzel,l) und der Provinzjournalist (Uwe Kockisch,M.) liefern sich einen Wettlauf um mögliche Akten, vage Gerüchte und die bessere Geschichte. Sie befragen Reichelt (Herbert Feuerstein, r.), Leiter einer Außenstelle der Gauckbehörde.


Die Nachrichten
Die SPIEGEL-Redakteurin will die Stasi-Akte des Nachrichtensprecher Jan Landers und setzt Reichelt unter Druck.

Fotos: ZDF/Svenja von Schultzendorff
Regie: Matti Geschonneck
 
Premiere: anlässlich der Eröffnung der TV-Sektion des Filmfestes Hamburg am 23. September 2005 um 19 Uhr im UFA-Palast "Grindel 1"
 
Erstausstrahlung: 3. Oktober 2005, 20:15 Uhr, ZDF ("Fernsehfilm der Woche", Einschaltquoten: 3,79 Millionen / 10,9% ab 3 Jahren)

Wiederholungen (Free-TV): 21.11.2005, 22:25-23:55 Uhr, 3Sat / 1.9.2007, 23:30 Uhr, arte

Inhalt:
 
"Die Nachrichten" erzählt die Geschichte des Hamburger Tagesschausprechers Jan Landers. Endlich im Westen angekommen, holt ihn der Osten ein. Das Gerücht, er habe für die Stasi gearbeitet, stellt alles in Frage.Aufgewachsen in Ostberlin, hat er in den Jahren nach der Wende schnell Karriere gemacht. Vom Wetterfrosch eines Lokalsenders zu dem Mann, der jeden Abend die Nachrichten liest: Jan Landers ist Tagesschau-Sprecher in Hamburg. Und wenn es nach seinem Chef geht, soll er bald zu den Tagesthemen wechseln. Fünf Jahre nach der Wende - so weit hat es in der Medienbranche noch kein Ostdeutscher gebracht! Auch privat könnte es nicht besser laufen: Jan Landers plant den Umzug in eine repräsentative Wohnung. Und er lernt Margarethe kennen, die Frau seines Lebens. Keine schlechte Partie, denn Margarethe stammt aus einer der reichsten Hamburger Familien, ist Tochter des Brauereibesitzers Johannes Beer. So gehört Landers zu denen, von denen man sagt, dass sie es geschafft haben. - Bis zu dem Moment, wo das Blatt sich wendet: Doris Theyssen, Journalistin beim SPIEGEL, bekommt den Auftrag, einen Artikel über "Erfolgreiche Ossis" zu schreiben. Sie ruft ihren guten Freund Bernhard Blöger an, der in Berlin die Gauckbehörde leitet. Routinemäßig wird eine Anfrage an alle Außenstellen geschickt. Auf der Liste mit den Namen von Sportlern, Schauspielern und Geschäftsleuten findet sich nun auch der Name Landers. Durch Zufall fällt die Anfrage in die Hände des Provinzjournalisten Thomas Raschke. Für einen Artikel in der Wochenendausgabe recherchiert Raschke gerade über die Außenstelle Neubrandenburg. Als er entdeckt, wer sich für Jan Landers - der zu DDR-Zeiten in Neubrandenburg bei der Armee war - interessiert, wittert er die große Geschichte. Schnell findet sich der Hinweis auf ein Karteikarte mit dem IM-Decknamen 'Pankow'. Damit beginnt für Thomas Raschke und Doris Theyssen ein Wettlauf um mögliche Akten, um vage Gerüchte und die bessere Geschichte. Bald ist ein angeblicher Führungsoffizier gefunden: Carsten Zelewski, der heute zurückgezogen in einer Neubausiedlung in Neubrandenburg lebt. Ein paar Tage später wird Jan Landers vom Sender genommen. Nach Jahren endlich im Westen angekommen, holt ihn der Osten unvermittelt ein. Landers ist sich keiner Schuld bewusst. Er kann sich nicht erinnern, jemals für die Stasi gearbeitet zu haben. Warum aber gibt es eine Karteikarte mit seinem Namen? Jene Karteikarte ist mittlerweile im Besitz von Journalist Raschke. Eine zugehörige Akte findet sich nicht. Doch Raschke reicht es für die Neubrandenburger Wochenendausgabe. Währenddessen setzt Doris Theyssen auf Carsten Zelewski. Sie bietet Geld gegen Information, träumt von der großen Titelgeschichte im Hamburger Magazin. Auch Landers kommt nach Neubrandenburg, um Gewissheit zu bekommen. Als er Carsten Zelewski ausfindig macht, erfährt er die Wahrheit: Damals bei der Armee war er aufgefallen, weil er Songtexte vom Englischen ins Deutsche übersetzte. Die Stasi nahm Kontakt auf. Man hatte ihm ein paar Schallplatten aus dem Westen versprochen. Mehr nicht ...
 
Regisseur Matti Geschonneck: "Die Nachrichten - ein kleines Panorama unserer dünnhäutigen Gesellschaft, in der das Menschenschicksal am seidenen Faden hängt, weil ein Gerücht oder eine anonyme Denunziation den Absturz bedeuten kann."

Produktionsfirma: Network Movie Film- und Fernsehproduktion in Koproduktion mit der Filmförderung Hamburg
Drehzeit: 15.9.-22.10.2004
Drehorte: Hamburg, Berlin, Neubrandenburg, Sylt
Buch: Alexander Osang nach seinem Roman
Kamera: Wedigo von Schultzendorff
Fernsehfilm Producer: Dietrich Kluge
Produktionsleitung: Kerstin Kroemer
Herstellungsleitung: Roger Daute
Redaktion ZDF: Caroline von Senden
Produzentin: Jutta Lieck-Klenke

Quelle: Berlin Brandenburg Film Commission / ZDF Pressestelle
 
"Die Nachrichten" auf DVD