![]() Körperlich erstaunlich fit. Dafür wirr und verfallen im Kopf, mit einem löchrigen Käsehirn. Aber ich jammere nicht, ich wollte es ja. Bedauernswert waren eher die Zuschauer, die 12 Stunden durchgehalten haben - und da-von gab's tatsächlich gar nicht so wenige. Fast 5.000 mal wurde unser Entschuldigungsfax abge-rufen, die vorgedruckte Ausrede für die, die am Montag Schule oder Arbeit verpennten, und auch während der Nacht liefen Faxgeräte und Telefon ununterbrochen. Du hast damals rumgeschrien, Du würdest so was nie wieder machen. Erstens ist das eine Branche, in der man Versprechen grundsätzlich nicht hält. Zweitens ist inzwischen ein ganzes Jahr vergangen, da vergißt man, wie anstrengend und frustrierend manche Sachen sind - beim Sex ist's ja genauso. Und drittens hatte mir der WDR schon recht bald grünes Licht für eine neue Nacht gegeben. Ist doch prima, daß man wenigstens im Dritten hin und wieder Experimente fördert, vor allem Live-Sendungen, die ohnehin auf der Liste der aussterbenden Tierarten stehen. Ich fände es toll, wenn meine Nacht als jährliches Event festgeschrieben würde. Was willst Du dieses Jahr besser machen? Alles. Zunächst mal muß es flotter losgehen. Letztes Jahr dachten wir, bis zum Ende vom "Tatort" im Ersten um 22.00 Uhr guckt ohnehin niemand rein - aber mit dieser Einstellung kann man auch ein Standbild senden. Außerdem waren wir hoffnungslos überfrachtet. Fast die Hälfte der Programmpunkte kam gar nicht erst dran, unser genialer Ablaufplan im 5-Minuten-Schritt war schon nach einer halben Stunde Makulatur. Beim Abhecheln der Themen übersah ich oft das wirklich interessante. Andererseits ist dies natürlich eine Sendeform, bei der man ohnehin nicht viel vorausplanen kann - der Hauptreiz ist schließlich das Ungewisse und Überraschende, die Möglichkeit des Scheiterns- und auf diesem Gebiet bin ich ziemlich gut. Manche werfen Dir vor, daß Du, statt lustig zu sein wie früher, die Menschheit neuerdings mit allen möglichen Experimenten nervst, vom Theaterspielen über das "Klassik Forum" bis zu dieser Marathon nacht. Warum machst Du das alles? Weil man mich läßt. Wahrscheinlich haben mich die zehn New Yorker Jahre am Anfang meines Arbeitslebens für immer verdorben: Mit dem Kästchen-Denken des deutschen Feuilletons, sich ein Leben lang auf der gleichen Ebene weiterzuentwickeln, konnte ich nie was anfangen. Und an den großen Ruhm glaube ich sowieso nicht, dafür bin ich viel zu selbstzweifelnd und pessimistisch. Also bleibt die Neugier - vielleicht ist es schon eine Sucht. Denn bei jedem neuen Experiment bin ich überzeugt: Das ist es, war es aber noch nie. Ich weiß natürlich, daß man mit dieser Zappeligkeit leicht in Gefahr läuft, sein Publikum zu verprellen, aber ganz so schlimm kann's ja wohl nicht sein, denn immerhin: Unter den gut tausend Faxen, die ich während der letzten Nacht bekommen habe, waren nur drei dabei, die mich regelrecht beschimpft haben. Naja, die anderen Millionen haben wahrscheinlich vorher schon abgeschaltet. Danke, Feuerstein. Bitte Feuerstein. |